Bilder der Melancholie – Collagen von Jens Thiele

Aus dem Zyklus „Melancholie“ stellt der Münsteraner Künstler Jens Thiele einige seiner Bildnisse in der Apostelkirche aus. Anregungen zu diesen Porträts hat er aus verschiedenen Medien und Zeiten bekommen: aus der Malerei, aus der historischen Porträtfotografie sowie aus aktuellen Zeitschriften.

Impression von der Ausstellungseröffnung in der Apostelkirche am Reformationstag.

„Es sind die nach Innen gekehrten Blicke, die mich bei der Auswahl inspirieren. Mich reizt die melancholische Figur als Projektion der Verinnerlichung und Kontemplation, als Idee der Rückbesinnung auf sich selbst. Um dieser Idee zu folgen, versuche ich Gesichter in emotionale Landschaften zu überführen. Auch die körpersprachlichen Ausdrucksformen der Melancholie, die wir in Verbindung mit Nachdenklichkeit, Stille und Trauer bringen, sind Gegen-stand der bildnerischen Konzeption: die verhaltene, zurückgenommene Geste, der geneigte Kopf und die in sich gekehrte Haltung. Ich möchte mit diesen Bildern mentale und emotionale Räume schaffen, in die sich die Betrachter*innen hineinbegeben können. Der sakrale Raum scheint diese Momente der Verinnerlichung zu stützen.“

Jens Thiele arbeitet ausschließlich mit geschnittenen und gerissenen Papieren. Seine Collagen, die sich aus hunderten von Papierschnipseln zusammensetzen, wirken wie Malerei. Diese Technik verschafft den Porträts aus der Ferne eine große Plastizität, aus der Nähe betrachtet lösen sie sich aber in geschnittene und gerissene Einzelteile auf. Durch diese Fragmentierung erhalten die Bildnisse eine innere wie äußere Verletzlichkeit.

Jens Thiele, geboren 1944 in Potsdam, wuchs in Göttingen auf und begann dort das Studium der Kunstwissenschaft. An der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste Braunschweig studierte er freie Grafik bei Malte Sartorius. Er promovierte 1974 an der Georg-August-Universität Göttingen in Kunstwissenschaft. Von 1980 bis 2008 lehrte er an der Universität Oldenburg als Professor für visuelle Medien und leitete dort die Forschungsstelle Kinder-und Jugendliteratur. Erst 2004 begann er wieder mit der eigenen künstlerischen Arbeit und widmet sich seitdem vor allem der Collage. Seit 2009 arbeitet Jens Thiele in seinem Atelier in Münster. In den vergangenen Jahren hatte er zahlreiche Einzel-und Gruppenausstellungen. www.jensthiele.de